Berner Zeitung

2023-03-23 16:26:44 By : Ms. Christine Ma

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35 Kilo Metall sausen zu Boden. Die Langhantel, die Michèle Frey gerade noch über den Kopf gestemmt hat, schlägt trotz Dämpfung hart auf. Gewichtheben ist kein leises Hobby.

Drei Männer und zwei Frauen trainieren an diesem Donnerstagabend in dem schmalen Raum oberhalb der Turnhallen im Wankdorfschulhaus. Die Trainingsplateaus im Vereinslokal des Gewichtheber-Clubs Bern sind selbst gezimmert, es riecht nach den Gummimatten, die die Gewichte abfedern sollen. Auf einem der Plateaus stemmt Michèle Frey wieder und wieder die 35 Kilo.

Zum Gewichtheben ist die 24-Jährige auf Umwegen gekommen: «Eigentlich war es eine Hassliebe», erzählt sie. «Ich habe 2012 in Amerika mit Crossfit ­angefangen. Dazu gehören Gymnastik, Gewichtheben und Ausdauertraining. Gewichtheben war für mich immer das Schwierigste, weil es sehr technisch ist.»

Sieben Monate hat die Bernerin 2012 in den USA gelebt, zuerst eine Sprachschule gemacht und dann als Biolaborantin gearbeitet. «Es war eine ungesunde Zeit», erzählt sie, «ich habe fast zehn Kilo zugenommen und war viel im Ausgang.» Ihr Freund hat damals in der Schweiz schon Crossfit gemacht, und sie fand es «einen ziemlichen Seich». Weil sie etwas für ihre Gesundheit tun wollte, gab sie dem Sport trotzdem eine Chance, und «es hat mir einfach den Ärmel reingenommen».

Zu Hause in Bern hat Frey mit Crossfit weitergemacht und ist parallel dazu dem Gewichtheber-Club Bern beigetreten, bei dem auch ihr Freund Tobias Jakob trainiert. Sie wollte die Technik lernen, «denn wenn du die nicht kannst, dann ist es ein Murks».

Seit einem Jahr konzentriert sich Frey nur noch aufs Gewichtheben und nimmt auch an Wettkämpfen teil. Das Körpergewicht, das sie damals in den USA zunahm, hat sie in Muskelmasse umgewandelt.

Im Trainingsraum mischt sich der Gummi- mit Schweissgeruch. Aus dem 80er-Jahre-Radio in der Ecke dudelt Popmusik, nur übertönt vom Aufschlagen der Hanteln.

Gewichtheben ist eine Randsportart. Im Berner Club trainieren zehn Aktive, davon zwei Frauen. «Mit der Aussage ‹Das ist ein Männersport› kannst du mich jagen», ereifert sich Frey, die als Velokurierin jobbt. «Wir schreiben 2017; dass wir Tätigkeiten immer noch einem Geschlecht zuordnen, regt mich auf.»

Ein Training dauert drei Stunden, die eigentlichen Wettkampfdisziplinen Reissen und Stossen (siehe Kasten) beanspruchen nur einen kleinen Teil davon. Ein- bis zweimal die Woche trainiert Frey in Bern, einmal die Woche fährt sie nach Aarau zu Michel Fink und dessen Weightlifting Academy.

Von Fink bezieht Frey auch ihre Trainingspläne. Diese basieren auf sowjetrussischer Trainingslehre und beinhalten neben Krafttraining und Stretching auch Gymnastikübungen wie Kopfstand und Handstand. «Körpergefühl und Balance sind für Gewichtheber wichtig», erklärt Frey.

Mittlerweile ist sie dazu übergegangen, Gewichtsscheiben auf eine Langhantel zu legen, die auf einem Ständer steht. 81 Kilo sollen es gemäss Trainingsplan sein. «Kannst du mich kurz sichern?», ruft sie ihrem Freund zu, der am anderen Ende des Raumes trainiert.

Tobias Jakob positioniert sich hinter Frey, bereit, einzugreifen, sollte das Gewicht zu schwer sein. Sie stellt sich unter die Hantel, hebt diese vom Ständer auf die Schultern und geht in die erste von drei Kniebeugen. «Komm, durch die Nase atmen, Bauch anspannen», spornt Jakob sie leise an.

Frey schafft die dritte Kniebeuge und legt die Hantel wieder auf den Ständer. «Der Reiz am Gewichtheben ist für mich, zu sehen, zu was mein Körper fähig ist», sagt sie. «An einem Wettkampf bringst du das Gewicht hoch oder nicht. Es liegt nur an dir, du kannst weder Schiedsrichter noch Team dafür verantwortlich machen.»

Eigenverantwortung und Durchhaltewillen seien ihr auch im Leben wichtig, sagt Frey. Mit dieser Haltung hat sie die Erwachsenenmatur gemacht und dieses Jahr im dritten Anlauf den Numerus clausus fürs Medizinstudium bestanden.

Inzwischen sind nur noch Frey und Jakob im Trainingsraum. Ihr Top klebt an ihrem Oberkörper. Sein Unterhemd trieft. Die beiden setzen sich, je ein Bein an­gewinkelt, auf ein Trainingsplateau. Schweigend dehnen sie die hintere Oberschenkelmuskulatur. Nur das Radio dudelt immer noch.

Manchmal sind Gewichtheber doch leise.

Gewichtheben ist eine olympische Sportart. Die Athleten werden nach Gewichtsklassen eingeteilt und treten in zwei Disziplinen zu je drei Versuchen an: Reissen und Stossen.

Beim Reissen wird die Langhantel in einer fliessenden Bewegung aus der Hocke heraus bis über den Kopf gehoben.

Beim Stossen hebt die Athletin die Hantel beim sogenannten Umsetzen in einer Bewegung auf die Schultern. In einer zweiten Bewegung stösst sie die Hantel mit gestreckten Armen über den Kopf.

Der Versuch gilt als erfolgreich, wenn die Athletin bewegungslos in der Hebeposition verharren kann.

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